Ebola: Blicke nach Liberia und Sierra Leone
Der erste Fall dieser Ebola-Epidemie liegt schon zehn Monate zurück. Im Dezember 2013, so vermuten Wissenschaftler, sei die Krankheit in Guinea ausgebrochen. Tausende Menschen hat die Krankheit bis heute schon getötet. Und noch ist diese Epidemie nicht eingedämmt, es werden wohl noch viele Menschen sterben.
Spätestens mit dem ersten behandelten Patienten in Deutschland hat das Medieninteresse hierzulande massiv zugenommen, was wiederum den Vorwurf der „Panikmache“ nach sich zog. In der Blogumschau haben wir bislang nicht über die Ebola-Epidemie berichtet. Nun sollen hier einige Bloggerinnen und Blogger zu Wort kommen, die direkt aus den betroffenen Ländern berichten.
Rebekah Schulz arbeitet an der Universität in Cuttington in Liberia. Sie erzählt, wie sie im Februar Mistress Yekeh kennenlernte. Rebekah Schulz wollte lernen, wie in Liberia geschneidert wird, und Mistress Yekeh, die dieses Handwerk jahrelang ausgeübt hatte, willigte ein, es ihr beizubringen. Eine Freundschaft begann, Schulz zeigt das Bild einer Geburtstagsparty, auf der sie tanzen. Als der Campus der Universität wegen der Epidemie geschlossen wurde, reiste Mistress Yekeh zurück nach Monrovia, um dort bei ihrer alten Mutter und ihrer Tochter zu bleiben. Die drei Familienmitglieder starben vor wenigen Wochen an Ebola.
Warum die vielen Todesfälle in Westafrika? Schulz schreibt, es liege oft nicht an mangelnder Bildung oder mangelnder Hygiene, doch viele Menschen in Liberia täten bei dieser Krankheit genau das Falsche: Sie kümmern sich liebevoll um die Kranken, anstatt wegzulaufen.
Und das Gesundheitssystem ist zu schlecht organisiert und finanziell zu schlecht ausgestattet. Klemens Ochel berät für das Hilfswerk MISEROR in Monrovia, der Hauptstadt Liberias, eine Klinik und schreibt darüber in einem Blog. Er berichtet, wie Ebola die Menschen in den Slums noch mehr zusammenschweiße. Es bilden sich Selbsthilfegruppen, die von Haus zu Haus gehen, um über die Krankheit aufzuklären. Sie alarmieren auch die Ambulanz, sobald sie Patienten antreffen, die an Ebola erkrankt sein könnten.
Liberia hat im Vergleich zu anderen Ländern extrem wenige Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen. Zwar hatte die katholische Kirche auf diesen Notstand vor einigen Jahren reagiert und mit der Ausbildung von Krankenschwestern begonnen, doch diese wandern, wegen der schlechten Bedingungen in Liberia, oft in andere Länder aus.
Martin Zinggl war mit der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ nach Liberia gereist, um dort zu helfen. Er ist mittlerweile zurück in Europa und verbringt nun die letzten Tage in Beobachtung. 21 Tage dauert die Inkubationszeit, wenn bis dahin die Krankheit nicht ausbricht, gilt er als gesund. Zinggl wurde im Vorfeld gewarnt, die Zeit nach dem Einsatz sei noch schwerer als der Einsatz selbst, was er am siebten Tag des Wartens bestätigt. Während des Einsatzes sei keine Zeit gewesen, um innezuhalten, die Zeit war ausgefüllt mit den täglichen Arbeiten. Nun macht er starke Stimmungsschwankungen durch, vom Hochgefühl bis zur Todesangst. Er schreibt davon, er bekomme die beiden unterschiedlichen Realitäten, sein Eindrücke vom schwer getroffenen Land und dem europäischen Komfort, nicht überein. So denkt er schon an eine Rückkehr und weiß auch, er ist noch gar nicht richtig wieder hier.
Die IRIN-Journalistin Anna Jefferys schreibt über eine Reise von der Hauptstadt Sierra Leones, Freetown, nach Kenema. Auf dieser Strecke von 240 Kilometern wurde sie dreizehn Mal angehalten. Es wurden Checkpoints eingerichtet, um Ebola einzudämmen. Immer wurde die Temperatur gemessen und die Reisenden mussten ihre Hände in gechlortem Wasser waschen, um Keime abzutöten. Die Bedrohung durch Ebola ist auch durch die Schutzmaßnahmen allgegenwärtig.
Die Krankheit hinterlässt überall im Land ihre Spuren, in der gesamten praktischen Lebensführung, wie Jeffery berichtet. Verschiedene Bezirke, die stark von Ebola betroffen sind, wurden isoliert, das heißt, eine besondere Erlaubnis ist nötig, um diese Bereiche verlassen zu dürfen. Und an den Tagen des „Lockdowns“, den die Regierung angeordnet hatte, durfte niemand das Haus verlassen. In diesen Tagen suchten Mitarbeiter so viele Häuser auf, wie irgend möglich, um Kranke zu identifizieren und die Leichen zu bergen. Der „Lockdown“ hatte allerdings in einem armen Land wie Sierra Leone sofort wirtschaftliche Auswirkungen. Das Trinkwasser und die Nahrung für einen längeren Zeitraum auf Vorrat zu kaufen, ist für viele Menschen äußerst schwierig.
Doch der „Lockdown“, so wird Jefferys von Helfern berichtet, habe die Einstellung vieler Menschen geändert. Der Krankheit wird nun mit größerem Ernst begegnet, die Helfer haben es leichter. Auf Sandra’s Latest werden allerdings auch gegensätzliche Reaktionen festgehalten, sie bemerkt, manche glaubten nun, Ebola sei damit besiegt. Und auch manch Geistlicher schüre falsche Hoffnungen, wenn allein auf das Gebet der Gläubigen gesetzt werde. Hoffnung sei wichtig, schreibt Sandra, aber sie dürfe die Menschen keinesfalls sorglos machen.
Es sind alles Versuche von Beobachtern, die Situationen der Menschen zu verstehen und auch die schreckliche Krankheit und die Krise, die sie ausgelöst hat, zu verstehen. Beza Tesfaye schreibt auf Africa is a Country über die Schwierigkeiten, diese Krise zu erfassen. Allzu oft würden einfach Klischees produziert über dumme Afrikaner, die ihre Affen über Grenzen schmuggeln, um sie dort zu essen. Solche spektakulären Geschichten allerdings verzerrten den Blick auf die Krise vollkommen.